____DER BEITRAG FRANKREICHS
unveröffentlichter Text in Nachfolge der 1. Tagung
zu Reeducation Film im Kino Metropolis in
Hamburg, Juni 1999
Am 5. Juni 1945 werden
auf der Sitzung des Alliierten Kontrollrates in Berlin die
Gebiete der französischen Besatzungszone festgelegt:
Der südliche Teil der Rheinprovinzen, das linksrheinische
Gebiet des Landes Hessen, die vier Kreise der Provinz Hessen-Nassau
zwischen Westerwald und Taunus, der südliche Teil der
Länder Baden und Württemberg, die bayrische Pfalz,
das Saargebiet und der bayrische Kreis Lindau am Bodensee.(1)
Administrativer Sitz der französichen Besatzungsmacht
wird Baden-Baden. Im August 1945 wird Émile Laffon
zum Administrateur général de la Zone Française
d'occupation ernannt. An der Spitze der militärischen
Verwaltung steht General Koenig. Raymond Schmittlein wird
Directeur de l'Education Publique, Jean Arnaud Directeur
de L'information. Marcel Colin-Reval arbeitet als Delegierter
des Centre National de la Cinématographie Française
für die besetzen Gebiete und als Chef der Section Cinéma.
In der historischen Forschung
und auch im Alltagsverständnis der Zeitzeugen wird die
französische Besatzungszeit sehr unterschiedlich bewertet.
Einerseits ist von der unbarmherzigen Sicherheits-und Reparationspolitik
der französischen Besatzungsmacht die Rede gepaart mit
einer Politik der Obstruktion gegenüber den Strategien
der anderen Alliierten. Die Franzosen hätten ihre Zone
nur als "Ausbeutungskolonie" (2) betrachtet, ihre
Kulturpolitik sei Kosmetik gewesen. Viel Kultur, aber nichts
zu essen - Les russes parfumés. In dieser Richtung
argumentiert auch ein 1985/1987 hergestelltes materialreiches
Video DIE GESCHICHTE DER FRANZÖSISCHEN BESATZUNGSZONE
(3), das über die Landesbildstellen für die (außer)schulische
Bildungsarbeit bezogen werden kann.
In der historischen Einschätzung
der französischen Deutschlandpolitik nach 1945 ist aber
seit einigen Jahren eine Präzisierung, zum Teil auch
eine Wende zu beobachten, die sich mit der Zugänglichkeit
von Materialien durch Öffnung französischer Archive
(4) in den 80er Jahren (5) ergeben hat . Zuvor hatte sich
die Forschung mit wenigen Ausnahmen auf amerikanische und
britische Akten gestützt, und deren Perspektive oftmals
übernommen.
Die neue Forschung berücksichtigt die geschwächte
Position Frankreichs nach vier Jahren deutscher Okkupation,
bezieht sich auf rivalisierende französische Konzeptionen
der Besatzungspolitik, geht auf Initiativen der französischen
Besatzungsmacht ein, wie z.B. in der Mitbestimmungsdiskussion
(6) oder den vergleichsweise effektiveren, da unschematischeren
Maßnahmen bei der Entnazifizierungspolitik, und kommt
zu vielschichtigeren Schlüssen.
Wie wichtig die Filmpolitik im Rahmen der französischen
Kulturpolitik war, möchte ich im folgenden an einigen
Beispielen darstellen. Das kriegsgeschädigte Frankreich
hatte nicht viel mehr anzubieten als den Anschluß an
seine bedeutende Kulturtradition.
____Umerziehung
woher und wohin?
In welchem Spannungsfeld ist der Umerziehungsgedanke
angesichts der von den Alliierten vorgefundenen deutschen
Katastrophe eigentlich anzusiedeln? Dem autoritätsgläubigen
deutschen Geist und "der Kälte und Unfähigkeit
zur Identifikation zum Bewußtsein seiner selbst zu helfen"
(7) und schließlich die "mangelnde Fähigkeit
zur Erfahrung" (8) zu behandeln, wie von Th. W. Adorno
benannt, hätte die Idee sein können. Ob und wie
solche elementaren Vorstellungen der Aufklärung in einer
von Hunger, von ökonomischen und machtpolitischen Interessen
geprägten Stunde Null zum Zuge kamen, ist die Frage,
die sich aus heutiger Sicht stellt.
In einem Vortrag des französischen Germanisten
Edmond Vermeil (9), gehalten Anfang 1947 auf der Conference
on some Aspects of the german problem, war dieser sich
mit Raymond Schmittlein (10), Directeur de L'Education Publique,
einig, dass es vor allem darum ging, die Zone zu "entpreussen"
(à déprussifier la zone ), vor aller
Entnazifizierung. Beide fanden, daß der Nazismus eine
monströse, widerwärtige Abwandlung eines bis an
die Grenzen getriebenen Militarismus und Nationalismus, eine
Perversion preussischer Engstirnigkeit sei.
Weiter sagt Vermeil: "Das wesentlichste Ziel des Nationalsozialismus
war die Isolation des Volks jenseits des Rheins, und vor allem
der deutschen Jugend, sie abzuschliessen vor ausländischen
Einflüssen und sie einzukerkern im rigiden Rahmen einer
Art moralischer und intellektueller Autarkie in der nur noch
Deutschland, sein Schicksal, sein Denken und seine expansive
Eroberungspolitik galt. Diesem fatalen Bann muß man
die Deutschen - koste es was es wolle - entreißen."
(11)
Eine von der Section Propaganda de L'Information
erstellte deutschsprachige Broschüre (12) über das
SS-Massaker an der Bevölkerung von Oradour-sur-Glane
am 10. Juni 1944 endet mit folgendem Fazit: "Denn so
ist diese Menschenrasse, die immer wieder von Zeit zu Zeit
über Deutschland ersteht, getragen von jenen unwiderstehlich
immer emporsteigenden Wellen vorgeschichtlichen Seins, die
im Nazismus nur ihre jüngste Erscheinungsform gefunden
haben. Verdient dieses furchtbare Rätsel der germanischen
Seele nicht einen Augenblick des Nachdenkens?"
____Ein Jahr später
Im Unterschied zu der Fülle des ausführlich
bearbeiteten und ausgiebig ausgewerteten Materials zu amerikanischen
Re-education-Filmen (13) herrscht in Bezug auf den französischen
Beitrag wenig Klarheit.
"Wenig Konkretes läßt sich über die Filmproduktion
der französischen Militärverwaltung ermitteln",
heißt es in dem Artikel von Helmut Regel (Bundesarchiv
Koblenz) zum "Film als Instrument Alliierter Besatzungspolitik
in Westdeutschland"(14). Regel erwähnt die französische
Wochenschau Actualités Françaises, die
ab Oktober 45 in der französischen Zone mit deutschem
Kommentar gezeigt wurde, später auch mit eingefügten
Episoden aus Deutschland.
Jean Arnaud schreibt in seinem Bericht "sur
l'uvre de démilitarisation, dénazification
und démocratisation entreprise par la Direction de
l'information":
"Um diese kinematographischen Filmstreifen mit den Aktualitäten
lebendiger zu machen, wurden zwei französische Kameramänner
speziell damit beaufragt in der Zone die wichtigsten Ereignisse
des politischen, administrativen und wirtschaftlichen Lebens
zu filmen. Bald wurden diese Kameramänner von deutschen
Kollegen unterstützt, die inzwischen einen großen
Teil der Arbeit gewährleisten." (15)
Eine neue Gesellschaft - Blick in die
Welt - nach deutschem Recht war gegründet worden
für diese Wochenschauen, die Konzession dafür war
im September 1945 von der Besatzungsbehörde ohne Auflagen
vergeben worden . (16) Die erste Ausgabe fiel in die 43. Woche
1945 und zeigte unter anderem die Eröffnung der Universität
Tübingen und einen Bericht über die Wahlen in Frankreich.
Diese Wochenschauen wurden anfangs - vor
der Inbetriebnahme der französisch-deutschen Filmstudios
in Remagen - in Paris entwickelt, kopiert und gemischt.
In dem von Blick in die Welt produzierten und vom Verleih
Rhein-Donau verliehenen Film EIN JAHR SPÄTER (französische
Fassung: UN AN D'OCCUPATION EN ALLEMAGNE), wird 1946 eine
Bilanz der ersten 12 Monate unter der französischen Militärverwaltung
gezogen . (17) Der Film (18) konfrontiert in seinem ersten
Teil das durch die Nazis angerichtete Desaster mit der Möglichkeit
eines Lebens in Frieden und Wohlstand:
"Warum habt ihr Festungen gebaut? Dafür hättet
ihr Krankenhäuser bauen können. Warum Tanks, dafür
hätte jeder seinen Wagen gehabt. Denkt an die Nächte
des Grauens zurück, in den Kellern, unter den stürzenden
Häusern. Dafür hätte jede Familie in ihrem
eigenen Haus leben können... Statt des Todes, Gesundheit
und Freude. Statt des Todes, Heilung und Leben. Statt des
Todes und der Unfreiheit, friedliche Häuser für
freie Menschen."
Die Kommentarstimme, die diese Sätze
spricht, intoniert die Worte mit wachsender Lautstärke.
In barschem Ton, verstärkt durch Maschinengewehrsalven
und Marschmusik: "Zerstören, vernichten, auslöschen:
der Nazigeist war der Geist der Zerstörung." Der
Spannungsbogen wird durch Musik erzeugt, die den Bereich der
Opfer mit elegischen Tönen, Oboenstimmen, und den beginnenden
Aufbau, die Zukunft mit fröhlichen Klängen illustriert.
"Die freie Welt wollte den Menschen die menschliche Würde
wiederschenken". Dazu sind Bilder von Mitgliedern des
Bündnis der politischen Gefangenen zu sehen, die in Häftlingskleidung
auf den Arc de Triomphe zugehen und einen Kranz niederlegen.
Nun die Aufbauleistungen der französischen Besatzer:
Instandsetzung der Eisenbahnstrecken, der zerstörten
Brücken, der industriellen Produktion, des Kohlebergbaus
im Saargebiet, die Weizenlieferungen. "Für Frankreich,
das der Welt die Erklärung der Menschenrechte geschenkt
hat, sind auch in der französischen Besatzungszone die
Worte Freiheit und Kultur keine leeren Worte" - dazu
Bilder von der Tübinger Universität, dann ein Konzert
von Otto Klemperer dirigiert, eine Ausstellung über Frankreich
und Baden und zum Schluß eine Parallelmontage des nun
nicht mehr trennenden Rheins mit einer Gruppe von ländlicher
akkordeonspielender blonder Mädchen vor einer Schwarzwaldhütte
als Zukunftsbild für "Freundschaft und Frieden".
Konstruktiv formuliert ein Redakteur des
Südwestfunks seine Kritik: "Der Film ist in der
ersten Hälfte als ausgezeichnet zu betrachten: Die Bildauswahl
ist geschickt, überzeugend und dabei nicht ermüdend.
Die Gegenüberstellungen sind gut gewählt, und es
ist an keiner Stelle Anlass vorhanden, deutscherseits irgendwie
unangenehm berührt zu sein." Der namentlich nicht
genannte Schreiber kritisiert vor allem die zweite Hälfte
des Films: Es werde nur von französischen Arbeitern gesprochen,
Lebensmittellieferungen seien nicht zu sehen, auch fehlen
Hinweise auf den Wiederaufbau des Rundfunks und auf Maßnahmen
zur Förderung des Theater-und Filmwesens "zweier
Punkte also, die für die Masse der Bevölkerung psychologisch
außerordentlich wichtig sind." Insbesondere wird
aber die "textliche Gestaltung" bemängelt:
"Die betont lebhafte und leidenschaftliche Art, die der
Sprecher gewählt hat, erinnert außerordentlich
stark an ähnliche Propagandafilme der Nationalsozialisten
und wird vom Hörer ohne weiteres als propagandistisch
und in manchen Fällen als auch etwas theatralisch empfunden.
Ein ruhiger, in überzeugender Form lediglich gewissermaßen
illustrativ gesprochener Text wäre zur Erreichung der
Absichten dieses Films zweckmäßiger gewesen."
Abschließend wird betont, daß die "obigen
Beobachtungen nicht nur von mir allein, sondern auch von einer
Reihe kritikfähiger Zuschauer gemacht worden sind. Sie
kamen bei Unterhaltungen über den Eindruck des Filmes
zur Sprache."
____L'épuration
Die Section Cinéma de l'information
erreichte Baden-Baden am 1. Juli 1945. Ihre vordringliche
Aufgabe sah sie in der Säuberung der Kinobranche, die
im Dritten Reich eines der wirkungsvollsten Propagandainstrumente
gewesen war.
Zuerst einmal musste alles vor der alliierten Besatzung in
Umlauf gebrachtes Filmmaterial, die Kopien der deutscher Filme
aller Genres, eingesammelt und untersucht werden. Dies geschah
in Baden-Baden, Freiburg, Neustadt, Saarbrücken und Andernach.
Aus den mittlerweile aufgelösten Gaufilmstellen Koblenz,
Saarbrücken und Freiburg wurden die Kinoapparaturen eingesammelt.
Die Zensurkommissionen in Baden-Baden, Freiburg, Neustadt
und Tübingen arbeiteten in Verbindung mit der alliierten
Zensurkommision in Berlin. (19)
Filme mit Nazi- und Rassen-Propaganda, Filme mit mitreißendem
preussischem Militarismus und solche, die konträr lagen
zum Prestige der Alliierten wurden indiziert. An dieser Zensurkommission
nahmen Mitglieder der deutschen Anti-Fa und später verschiedene
Repräsentanten zugelassener politischer Parteien der
Zone teil.
Gleichzeitig wurde die politische Säuberung
der verschiedenen Kinoleiter und des Kinopersonals betrieben.
In der Zone existierte kein Filmstudio, deshalb galt die Aufmerksamkeit
der Section Cinéma vor allem dem Verleih- und
Abspielbereich.
Es gab nur ein kleines Verleihunternehmen mit Zentrale in
Baden-Baden - Deutschlandfilm - es wurde unter Zwangsverwaltung
gestellt und sein Chef Herr Lakte, der ein wichtiges SS-Mitglied
gewesen war, wurde interniert.
Man prüfte die Kinoleiter, denn man sah sie als mitverantwortlich
für die Funktion des Kinos als Propagandainstrument,
auch wenn sie nicht Parteimitglieder gewesen waren. Man setzte
provisorische Leiter ein.
____Démocratisation
Eine Kommision für die Auswahl französischer
Filme für Deutschland wurde Ende 1946 gegründet.
Für den Verleih der französischen Filme war zuerst
die Gesellschaft Rhin-Danube (Filmverleih Rhein-Donau) zuständig,
die später in der IFA- Internationale Film Allianz, Sitz
in Neustadt (die Direktion in Baden-Baden) aufging, das zugehörige
Synchronisationsstudio befand sich in Teningen bei Emmendingen.
"Unweit von Remagen am Rhein in der
französisch besetzten Zone ist in Haus Calmuth, der ehemaligen
Sommerresidenz eines rheinischen Industriellen, die seit 1933
im Besitz der NSDAP war, eine rheinische Filmzentrale, die
spätere FilmUnion im Aufbau. Französische Filme
sollen dort synchronisiert werden. Es befinden sich dort Ateliers
und eine Abteilung der Section Cinéma der französischen
Militärregierung: Aufgabe sollte sein, wenige aber sehr
gute Filme herzustellen." (20) Eingeweiht wurden die
Erweiterungsbauten des Studios im Dezember 1946 (21) in Anwesenheit
des französischen Informationsministers Monsieur Bichet
und von Capitaine Colin-Reval, dem Chef der Section Cinéma.
Im Frühjahr 1947 wurde der volle Betrieb der Studios
aufgenommen.
Eine Mitarbeiterin des Studios in Remagen, die dort von 1949
bis 1951 als Negativcutterin arbeitete, erwähnt (22)
einen Herrn Dr. Berger als Leiter des Studios und eine Dramaturgin
in wichtiger Position, deren Namen allerdings nicht mehr zu
ermitteln ist. Diese Negativcutterin, Frau Hohgräfe arbeitete
zum Bespiel an der deutschen Fassung von NINOTSCHKA
und erzählte wie sie Anfang der 50er Jahre amerikanische
Nahkampffilme zu Schulungsfilmen für die belgische Armee
umarbeiten mußte, und sich dann wegen der Deutschfeindlichkeit
dieser Filme weigerte, daran weiterzuarbeiten. Des weiteren
sprach sie von dem tiefen Eindruck den die deutsch-französischen
Filmtreffen (23) auf sie gemacht haben.
Besondere Maßnahmen zur Entnazifizierung
der Öffentlichkeit wurden ergriffen: Die Bevölkerung
sollte über die wahren Machenschaften des Naziregimes
aufgeklärt werden.
LES CAMPS DE LA MORT, ein Film über die Greuel
der Konzentrationslager wurde deutsch synchronisiert und in
allen Kinos gezeigt, zum Teil in Vorstellungen, die von Betroffenen
der Deportation selbst kommentiert wurden. Man könne
sagen, schreibt Jean Arnaud, daß der Film vom größten
Teil der Bevölkerung in der französischen Zone gesehen
wurde.
Der Film LES CAMPS DE LA MORT war laut Bericht von
La Revue de la Zone Française vom November 1945
in Baden-Baden vorgeführt worden zur Illustration einer
Konferenz über Dachau und habe sehr reges Interesse hervorgerufen.
In einer von der franzöischen Militärregierung veranlaßten
Meinungsumfrage im Oktober 1947 wird die Frage gestellt: "Glauben
Sie alles, was man in der Presse, in Büchern, im Radio
und in Filmen über die Konzentrationslager gesagt hat?"
59% antworten mit Nein, 26 % mit Ja, 15 % geben keine Antwort.
Laut Unterlagen ist dieser Film eine Produktion der actualités
françaises, der französischen Wochenschau
und wurde von französischen und amerikanischen Kriegsberichterstattern
gedreht. Bis jetzt konnte noch keine Kopie dieses Filmes gefunden
werden, vermutlich handelt es sich aber um die französische
Version des Filmes NAZI CONCENTRATION CAMPS. Auch bei
einigen der zahlreichen Lehrervortragswochen, die im Schuljahr
1945-46 für insgesamt 12000 Teilnehmer stattfanden, wurde
der Film vorgeführt. Im cours de reeducation in
Kirchheimbolanden (Februar 1946) z.B. wurde zusätzlich
der französische Film SENDBOTEN DES TEUFELS (24)
gezeigt.
Schwerpunkt dieser Umschulungsseminare waren
allerdings Vorträge und Diskussionen. Die anwesenden
Kontrolloffiziere sollten dort in der freien Diskussion der
zeitgenössischen polititschen und pädagogischen
Probleme die Reaktionen des deutschen Lehrpersonals beurteilen
und dieses wiederum sollte dort Antworten "bezüglich
der neuen Orientierung finden".
Ein Regierungsrat Meyer schreibt in seinen Berichten auch
immer ausführlich über die Verpflegungslage der
Seminare: "Verpflegung zufriedenstellend, trotz der immer
grösser werdenden Schwierigkeiten in der Herbeischaffung
von Frischgemüse. Die Gemüseversorgung war nur noch
auf dem Wege der persönlichen Fühlungnahme mit den
Bürgermeistern der ländlichen Gemeinden möglich.
Auch in der Kartoffelversorgung traten Schwierigkeiten auf,
da es sich herausstellte, daß der Mangel an Frischgemüse
durch einen Zusatz von Kartoffeln ausgeglichen werden musste."
(25)
In der französisch besetzten Zone litt die Bevölkerung
sehr viel stärker unter Nahrungsmittelmangel als in den
anderen Zonen (26). Hier kam zu der weltweiten Ernährungskrise
die desaströse ökonomische Lage Frankreichs, das
selbst nur 50 bis 60% des eigenen Nahrungsmittelbedarfs produzieren
konnte.
____Mit lenkender Hand
Zum Begriff der Demokratisierung merkt Jean
Arnaud an:
"Die deutsche Bevölkerung war für lange Zeit
von allen anspruchsvollen ausländischen Produktionen
abgeschnitten. Erste Aufgabe der Section Cinéma
war es nun, dieser Öffentlichkeit ein Programm französischer
Filme vorzustellen und es durch eine gewisse Anzahl alliierter
Filme zu erweitern."
Am 5. August 1945 gibt Émile Laffon
den Befehl, die Kinos wieder zu eröffnen. Ein Bericht
der Revue de la Zone Française vom 15. November
1945 informiert über den bis dahin erreichten Stand der
Maßnahmen. Danach gibt es 330 Kinos in der französischen
Zone und 18 Kinos im französischen Sektor in Berlin.
Im August 1946 sind bereits 425 Filmtheater in der französischen
Zone in Betrieb, davon 65 im Saargebiet und 27 im französischen
Sektor Berlins. Seit April 1946 war zudem das erste periodische
Publikationsorgan erschienen, DIE NEUE FILMWOCHE, ein
Informationsblatt für die Lichtspieltheater, das als
deutschsprachige Beilage zum Branchenblatt LA CINEMATOGRAPHIE
FRANÇAISE von der Section Cinéma in Baden-Baden
herausgegeben wurde.
In dieser wöchentlich erscheinenden Zeitschrift sind
neben Bekanntmachungen der Section Cinéma -
etwa über die Pflege der Kopien oder die Verpflichtung
zur Reklame - Filmbesprechungen französischer und deutscher
Filme, eine regelmäßige Auflistung der Wochenschaubeiträge
und allgemeine Artikel von branchenspezifischem Interesse
zu finden.
Die erste Ausgabe brachte unter der Überschrift: "Was
sagt das Publikum zum französischen Film" einen
programmatischen Ausblick: "Die pseudokulturelle Diktatur
Goebbels'scher Prägung lastete auf der freien Gestaltung
des deutschen Filmschaffens. Kein Wunder also, wenn das einseitig
und tendenziös beeinflußte Publikum erst wieder
mit lenkender Hand allmählich den Weg zur wirklichen
Filmkunst und zu ihrer verständnisvollen Beurteilung
geführt werden muß."
Im weiteren Verlauf wurde jedoch auch verstärkt deutschen
Filmschaffenden Gelegenheit gegeben, Situation und Perspektiven
zu benennen. So schrieb etwa Joseph von Baky einen Beitrag
mit dem Titel "Deutscher Film wohin?" und führte
aus: "Mit politischen Erziehungsfilmen ist Deutschland
nicht gedient! Auch Vogel-Strauß-Politik treibende Filme
sind zu vermeiden und für Klamaukfilme ist die Zeit zu
ernst." (27)
Am 27. Mai 1948 wird in Eich in der Nähe
von Worms in einem von der Film-Union renovierten Schulhaus
eine Schule für Kinovorführer eingeweiht. Hier sollen
Schüler aus allen drei Zonen in einem siebenwöchigen
Kurs ausgebildet werden. Die Militärverwaltung bittet
um zahlreiches Erscheinen bei der Einweihungsfeier: "cette
école est appelée a servir utilement notre propaganda
en Allemagne". (28)
Welche Filme waren es nun, die während
der Besatzungszeit in der französischen Zone gesehen
wurden? Bei Durchsicht der Verleihprogramme, der Filmclubabrechnungen
und Kino-Korrespondenzen fallen immer wieder bestimmte Spielflme
auf, über Kurz-und Dokumentarfilme gibt es hingegen kaum
Aufzeichnungen.
So wurde der französische Film NACHTIGALLENKÄFIG
(29) oft und erfolgreich aufgeführt. Die biografisch
erzählte Geschichte eines Hilfslehrers in einer Erziehungsanstalt,
der gegen einen verständnislosen, hartherzigen Erzieher
ankämpfen muß, die Knaben dabei auf seine Seite
ziehen kann, aber dennoch von der Schule verwiesen wird, dürfte
genügend Möglichkeiten zur Identifikation geboten
haben. Das Verleihprogramm der Internationalen Film Allianz
beschreibt ihn als einen "Film, der von echter Menschlichkeit
überstrahlt ist."
DIE KINDER DES OLYMP (30) war noch
erfolgreicher. Unter der Rubrik "Große französische
Filme" im Verleihprogramm finden sich ferner:
- SOUS LES TOITS DE PARIS,
- LA NUIT FANTASTIQUE,
- LE VOYAGEUR SANS BAGAGES,
- LAC AUX DAMES.
Im Oktober 1946 sind 100 französische,
zum größten Teil deutsch untertitelte Spielfilme
mit insgesamt 400 Kopien und 70 Kopien der Wochenschauen im
Einsatz. Davon sind 20 französische Filme deutsch synchronisiert.
1949 wurde den Ländern der französischen Besatzungszone
u.a. noch folgende Filme zur Verfügung gestellt:
- LA BELLE ET LA BÊTE,
- LES VISITEURS DU SOIR,
- LA MARSEILLAISE,
- LUMIÈRE D'ETÉ.
Neben dem preußenkritischen Weimarer
Republik-Film MÄDCHEN IN UNIFORM lassen sich an
deutschsprachigen Filmen allerdings auch viele Unterhaltungs-Reprisen
aus der Nazizeit nachweisen, gespielt wurd:
- DIE REISE NACH TILSIT,
- WIR MACHEN MUSIK,
- DER STERN VON RIO,
- KORA TERRY,
- DAS MÄDCHEN VOM MOORHOF,
- HAB MICH LIEB,
- DIE GOLDENE STADT,
- OPFERGANG (31),
- GROSSE FREIHEIT NUMMER 7 (32),
- QUAX DER BRUCHPILOT,
- ROMANZE IN MOLL (33),
- GEIERWALLY.
Ende 1948 bietet der Prisma-Filmverleih für
die französische Zone folgende deutsche Produktionen
neueren Datums an: DIE MÖRDER SIND UNTER UNS, IN JENEN
TAGEN, UND FINDEN WIR UNS WIEDER, FILM OHNE TITEL.
Eine Meinungsumfrage im Saarland hatte ergeben, daß
80% der Befragten deutsche oder deutsch synchronisierte Filme
den französischen (18%), amerikanischen (4%), britischen
(2%) und russischen (0%) Filmen vorziehen. 20 % der Befragten
wollen Dokumentarfilme sehen, 31% "ernste Filme, modern
oder historisch" und 24% präferieren Komödien.
Trotz der Scheiterns alliierter Co-Produktionen
- wie von Brigitte J. Hahn (34) an der Produktionsgeschichte
des Films NÜRNBERG UND SEINE LEHREN über
den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß dargestellt
- gab es zumindest auf der Ebene des Austausches von gedrehtem
Material weitreichende Kontakte. Bei den in Hamburg im Rahmen
des Modellseminars "(Um)Erziehung zur Demokratie. Can
the Germans be re-educated?" gezeigten Filmen wird offenkundig,
wie sehr sich viele Filme, vor allem die, die angesichts der
befreiten Konzentrationslager hergestellt worden waren, aus
demselben Bildmaterial speisten.
Im folgenden möchte ich zunächst
näher auf den Film LE RETOUR eingehen und aufzeigen,
auf welche Weise einzelne Passagen aus dieser französisch-amerikanischen
Zusammenarbeit in die US-Produktion THE REUNION und
den britischen Film THE WAY FROM GERMANY eingegangen
sind, so daß sie stellenweise wie verschiedene Schnittfassungen
desselben Materials wirken.
Buchstaben aus Stacheldraht bilden denTitel
von LE RETOUR. Der Film wurde von der amerikanischen
Information Controll Division unter Mitwirkung ehemaliger
französischer Gefangener realisiert. Technische Beratung
(35): Henri Cartier-Bresson, Kommentar: Claude Roy, Musik:
Robert Lannoy(36). Der Film kompiliert Material aus unterschiedlichsten
Quellen zu einer detaillierten Schilderung der Rückkehr
der Kriegsgefangenen in ihre Heimatländer im Herbst 1945.(37)
Er beginnt mit einer kurzen Sequenz, die ein Lager und die
Zwangsarbeit der Insassen noch vor der Befreiung zeigt, beschreibt
Hunger, Erschöpfung und Enge, die menschenunwürdigen
Zustände. Die nachfolgenden Bilder von Kampfhandlungen
der Amerikaner sind die einzigen Aufnahmen des Filmes, die
mit Originalton - Gefechtsdonner - unterlegt sind. Dann jubelnde,
lachende, winkende, Menschen: die Befreiung von Bergen-Belsen.
Hymnische Musik. Ein Armeeauto an der Ortsgrenze von Dachau.
Ein Mann mit einem großen X auf der Jacke greift seinen
Peiniger wütend an. Soldaten und Wachmannschaften werfen
Schlüssel auf einen Haufen. Ein großes Transparent:
"Wir grüßen unsere Befreier!" Essensausgabe,
abgemagerte Frauen hinter Stacheldraht, Entkräftete,
Kranke, denen auf einen Wagen geholfen wird. Eine Krankenstation.
Nun setzt nach einer langen Pause wieder die Kommentarstimme
ein und spricht davon, wie viele noch nach der Befreiung an
Krankheiten und Entkräftung sterben. Ein Mann in einem
Krankenbett lächelt in die Kamera, als ihm eine Zigarette
gereicht wird. "Jedes Lächeln ist ein Sieg!"
Die Musik wird nun rythmischer: Menschenströme, die Befreiten
begeben sich auf ihren Weg nach Hause. Provisorische Lager
und DP-Camps für Rast und Versorgung, Zentren für
die Repatriierung der Gefangenen, Deportierten und Zwangsarbeiter.
Am Ufer der Elbe organisieren amerikanische und russische
Soldaten gemeinsam diese Rückkehr: "die einen nach
Osten, die anderen nach Westen, aber für alle ist der
Weg der gleiche, die wiedergefundene Freiheit, der Weg zurück!"
Eine Szene zeigt, wie eine Befreite eine Täterin ohrfeigt.(38)
Dieser Moment ging als Photo von Henri Cartier-Bresson um
die Welt. Zurecht bemerkt Jens Hoffmann in seinem Artikel
über das Hamburger Seminar zum Re-education-Film wie
selten die deutschen Täterinnen und Täter in den
damaligen Dokumentarfilmen als angreifbare, verwundbare oder
sterbliche Menschen gezeigt werden. (39)
Den letzten Teil des Films bestimmt die dynamisierende Musik,
die heimwärts drängende Aufbruchstimmung kulminiert
in der Darstellung des Rückflugs. Luftaufnahmen von Paris.
Als die Rückkehrenden aus dem Flugzeug aussteigen, sind
fanfarenartig Motive der Marseillaise zu hören. Im Gare
d'Orsay hat die französische Regierung ein Zentrum für
die ankommenden Repatriierten geschaffen. Verpflegung, Formalitäten,
ein Bild von de Gaulle. "Dafür habt ihr gekämpft
und gesiegt, ihr Männer eines freien Volkes!"
Dann schweigt der Kommentar und wir sehen erwartungsfrohe
Menschen, Wartende, die verzweifelt die Zurückkommenden
nach Informationen über Angehörige befragen, Ausschau
halten nach vertrauten Gesichtern. Tiefbewegte Umarmungen.
Vor Glück Weinende. Der Film endet mit der Großaufnahme
eines Paares.(40)
LE RETOUR vermittelt die von
Marguerite Duras in La Douleur / Der Schmerz beschriebene
Erfahrung des Wartens: "Wir stehen an der Spitze einer
namenlosen, waffenlosen Schlacht, einer Schlacht ohne vergossenes
Blut, ohne Ruhm, an der Spitze des Wartens. Hinter uns liegt
die eingeäscherte Zivilisation und das gesamte Denken,
das seit Jahrhunderten angehäufte Denken..."(41)
Nach Jay Leyda (42) soll diese französische
Fassung zuerst hergestellt worden sein und sei dann vom United
States Information Service für andere Länder
freigegeben worden. Nach "geringfügigen" Änderungen
durch Peter Elgar erhielt sie den Titel REUNION.(43) Bei näherer
Betrachtung zeigt sich allerdings, daß die Änderungen
so geringfügig nicht gewesen sind. Die amerikanische
"Fassung" weist gegenüber der französischen
erhebliche Unterschiede auf. Im Vordergrund von REUNION
stehen zunächst ausführliche Gefechtsszenen der
US Army. Der Kommentartext, der unentwegt die Bilder begleitet,
beschreibt in einem fiktiven Wir die Perspektive der GI's.
Die Musik liegt wie ein wogender Teppich hinter den Bildern,
ohne jedoch wirklich Spannungsbögen zu bauen. Material
aus dem Film TODESMÜHLEN (45) wird verwendet.
Es sind die Szenen, die nach der Befreiung der Konzentrationslager
Dachau und Auschwitz gedreht wurden: die Grußtafel der
französischen Gefangenen an die Alliierten, die kleinen
Kinder, die ihre Häftlingsnummern zeigen. Jedes Bild
wird erklärt, jedes mögliche Gefühl, das das
Bild auslösen könnte, vorweggenommen:"It
was a rush of exitement, a feeling that couldn't be controlled,
because it had been controlled for so long."
Die Distanz, die der Film in sich trägt und erzeugt,
kommt zu sich, wenn die praktischen und organisatorischen
Aufgaben, die das amerikanische Militär leistet, beschrieben
werden.
Nach der Vorführung der beiden Filme
anläßlich des Hamburger Re-education-Seminars wurde
die grundsätzlich distanziertere Perspektive der amerikanischen
Soldaten und der Erklärungbedarf, den der Film für
eine amerikanische Öffentlichkeit zu erfüllen versucht,
diskutiert. Und doch birgt der Film die Problematik propagandistischer
Filmarbeit: "die forcierte Verbalität, Bilder zu
begleiten, mit dem, was sie aussagen sollen"(45).
Schließlich benutzt auch der britische
Film THE WAY FROM GERMANY (46) wiederum Material, das
schon in LE RETOUR zu finden ist: die Szenen von der
Befreiung des Konzentrationslager Bergen-Belsen, die Menschenmengen,
die nach Hause ziehen, die Verräterin, die geohrfeigt
wird, die Entlausung mit DDT, die Ankunfts- und Wiedersehensszenen
am Bahnhof in Paris. Der Fokus des Films liegt hier jedoch
auf den displaced persons, den ehemaligen Zwangsarbeitern.
Diese werden zu Beginn des Films in nachinszenierten Szenen
gezeigt. Berichtet wird von Widerstandszellen und Sabotageakten
während des Krieges. Die Ausbrüche von Gewalt gegen
die deutschen Peiniger, Plünderungsszenen, Vandalismus
nehmen sehr viel mehr Raum ein als in den anderen beiden Filmen.
Selbstorganisation und Alltag in den dp-Camps: Nahrungsmittelpakete
und Kleidung werden ausgegeben, zeitungslesende Männer
sitzen in einem Zimmer, an dessen Wänden Palästina-Plakate
hängen. Die Bahnhofsszene in Paris bleibt trotz des sonst
ausführlichen Textes (47) unkommentiert. Der Film schließt
mit wehenden Fahnen und einem Appell an die Vereinten Nationen.
Während die Tendenz der politischen
Aufklärung in den Filmen der alliierten Mächte sich
länderspezifisch und von der jeweiligen filmischen Tradition
her charakterisieren läßt und damit der Beitrag
Frankreichs grade auch in seiner Differenz zu den Beiträgen
der USA, Großbrittaniens und der UDSSR eine unverwechselbare
Handschrift trägt, so kann demgegenüber die Filmpolitik
der französischen Besatzungsmacht kaum als die Erfüllung
eines programmatischen Schemas gelesen werden. Zwar waren
die Bemühungen von einem grundsätzlichen Verständnis
der Möglichkeiten kultureller Aufbauarbeit bestimmt,
auch gingen Erfahrungen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg
mit ein, doch schon in der Einschätzung des umerziehungsbedürftigen
Charakters der Deutschen unterschieden sich die Konzepte weitgehend.
Der Generalverwalter Laffon hatte sich der von de Gaulle,
Schmittlein und Vermeil vertretenen Preussentum-These widersetzt.
Und Vermeil zitiert in seinem programmatischen Umerziehungstext
den Autor Friedrich Meinecke (48) voller Wohlwollen. Dieser
hatte auf dem Hintergrund eines kaum kaschierten Antisemitismus
eine Goetheanisierung der Deutschen vorgeschlagen. So unterschiedlich
die Konzepte und politischen Richtungen der in der Militärverwaltung
Tätigen waren, so läßt sich doch abschließend
bemerken, daß viele der französischen Maßnahmen
- immer vor dem Hintergrund der geringen ökonomischen
Ressourcen betrachtet- durchaus fruchtbar waren. Den nachhaltigsten
und produktivsten Einfluß auf die kulturelle Landschaft
der späteren Bundesrepublik dürfte die Unterstützung
der Filmclubarbeit durch die der Section Education Publique
unterstellten Personen wie Albert Tanguy und Joseph Rovan
gehabt haben.
Ein Film wie LE RETOUR, der sicher
als Einzelfall zu werten ist, zeigt dennoch, wie unverstellt
und eindrücklich die jüngsten Erfahrungen mit dem
mordenden Nachbarn jenseits des Rheins verarbeitet wurden.
Und selbst noch der Skandal um die von der Bonner Regierung
verhinderte Aufführung des Films NACHT UND NEBEL
von Alain Resnais auf den Filmfestspielen in Cannes im Jahre
1956 zeugt von der aufgeladenen Verschränkung beider
Länder auf filmpolitischer Ebene.
Madeleine Bernstorff
(Bedanken möchte ich mich bei Heiner Roß, bei Ulrich
Prehn für wertvolle Hinweise, und vor allem bei Boris
Schafgans)
____Fußnoten:
- Anfang 1946 wurden die Regierungsbezirke
Trier und Koblenz zum Land Rheinland- Hessen-Nassau zusammengefaßt.
Im Sommer 1946 wurde Rheinland-Pfalz gegründet.
- Nach Theodor Eschenburg. Vgl. ders.: Jahre
der Besatzung 1945-1949 Stuttgart/Wiesbaden 1983.
- 1985 vom Südwestfunk Baden-Baden produziert
und vom Institut für Film und Bild / Grünwald
bearbeitet. Buch und Regie: Horst Jankowski, 60', Farbe
und s/w. VHS 42 00749
- Seit 1986 sind die französischen Akten
im Centre des Archives de l'occupation française
en Allemagne et en Autriche in Colmar (des weiteren Archiv
Colmar genannt) zugänglich.
- Vgl. Rainer Hudemann: "Reparationsgut
oder Partner? Zum Wandel in der Forschung über Frankreichs
Deutschlandpolitik nach 1945" in: Aus Politik und Zeitgeschichte,
6, 97, Berlin, 31.1.1997.
- "Das badische Betriebsrätegesetz
von 1948 galt Zeitgenossen als das arbeitnehmerfreundlichste
im Nachkriegsdeutschland..." zitiert nach Edgar Wolfrum:
"DasBild der "düsteren Franzosenzeit""
in Stefan Mertens (Hg.): Vom "Erbfeind" zum "Erneuerer".
Aspekte und Motive der französischen Deutschlandpolitik
nach dem Zweiten Weltkrieg, Sigmaringen 1993. S.105 ff
- Theodor W. Adorno: "Erziehung nach
Auschwitz" in Stichworte. Kritische Modelle 2, Frankfurt/M.1969.
S. 98/99.
- Theodor W. Adorno: "Was bedeutet Aufarbeitung
der Vergangenheit" in Eingriffe, Frankfurt/ M.1963,
S. 133.
- Einer der einflußreichsten französischen
Germanisten der 20er, 30er und 40er Jahre, Mitglied im Comité
français d'Echanges avec l'Allemagne nouvelle, dessen
Generalsekretär Alfred Grosser war. "Unter dem
Eindruck der deutschen Expansionspolitik entwickelte er
(E.V.) seine Variante der gängigen Kontinuitätsthese
- er sprach vom Nationalsozialismus als "vulgarisiertem
Pangermanismus" - und zeichnete vom Nachbarland ein
kulturkritisches Porträt, das intime Vertrautheit mit
dessen politischer und Geistesgeschichte verriet, dabei
jedoch nicht ohne völkerpsychologische Negativklischees
auskam." aus: Stefan Zauner,Erziehung und Kulturmission.
Frankreichs Bildungspolitik in Deutschland 1945-1949. München
1994 (Studien zur Zeitgeschichte;43)
- Mitglied der Résistance, aus dem
nahen Umkreis von de Gaulle und Vertrauter des Oberbefehlshabers
Koenig. Chef der Abteilung für Volksbildung (Mitarbeiterin
Irene Giron), später Chef der DGAC (Direction Générale
des Affaires Culturelles). Stefan Zauner beschreibt den
wichtigen Einfluß der innerfranzösischen Schulreformbewegung
auf den Umerziehungsanspruch der französischen Besatzungsmacht
im Nachkriegsdeutschland. siehe Anm. 3.
- zitiert und übersetzt nach dem im Archiv
in Colmar vorgefundenen Bericht "Les Alliies et la
réeducation des Allemands". Erschienen auch
in Politique Étrangère , Nr. 12, Paris,1947
- Weitere Broschüren gab es z.B. über
die Konzentrationslager und über das Urteil von Nürnberg.
Die Broschüren wurden bei Umschulungsseminaren verwendet
und außerdem an alle Bibliotheken der Universitäten,
Sekundarschulen, Volksschulen und technischen Schulen verteilt
- oder in die Hände der Direktoren um sie nur !!! dem
Lehrpersonal auszuhändigen. (Archiv Colmar AC 812 /
1 a)
- Im Filmkatalog des Filmdienstes für
Jugend und Volksbildung vom Januar 1952, in dem die Filme
aufgeführt sind, die von der amerikanischen Hochkommission
unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, finden
sich auch zehn französische Filme, die mit einer Ausnahme
in der deutschen Fassung verliehen werden.
DER FASSBINDER 24' sw df, KÜNSTLERISCHE WANDTEPPICHE
19' sw df, EIN LEBEN FÜR DIE WISSENSCHAFT 35' sw df,
MATISSE 25' df sw, MORGENSTUNDE IN FRANKREICH 18' sw df,
PALAIS DER ENTDECKUNGEN 8 wissenschaftliche Filme à
11' sw df, RODIN 30's/w df, SAN FRANCESCO D'ASSISI 20' franz.
F., TÖPFEREIEN UND FAYENCEN 16' sw df, DER WAGNER 20'
sw.
- Erschienen 1976 anläßlich der
Oberhausener Retrospektive "Deutschland in Trümmern".
- Bericht von Jean Arnaud, Baden-Baden, 8.
Januar 1947 (Archiv Colmar 4593 DGAA/INF)
- Nach Auskunft von Herrn Dr. Holland, Blick
in die Welt , Frankfurt/M.
- Ein Bericht der Zeitschrift "Der Neue
Film" vom 21. September 1947 erwähnt die Herstellung
eines weiteren Films (Regie: Max de Vaucorbeil), der sich
mit den positiven Ergebnissen beschäftigt, die die
französischen Besatzungsbehörden in Deutschland
erzielt haben. Weiter wird geschrieben, es gäbe zwei
Fassungen dieses "Rechenschaftsberichts" der französischen
Besatzungsbehörden, eine für Frankreich und eine
für Deutschland.
- "Das neue Sonderprogramm EIN JAHR SPÄTER
: die angekündigten Sonderprogramme (mit Steuerermäßigung)
kommen ab 15.12.46 in den Verleih. Sie werden unter dem
Haupttitel EIN JAHR SPÄTER vermietet und umfassen den
großen Dokumentarbericht über die Aufbauarbeit
der Besatzungstruppe in der französischen Zone Deutschlands,
sowie die Hauptfilme IMMENSEE, (Anforderung unter Kennzeichnung)
EIN JAHR SPÄTER (A) oder HAB MICH LIEB (Kennzeichnung)
EIN JAHR SPÄTER (B)" Filmwoche Nr. 34, Dez. 1946
- Ab dem 28. September 1948 oblag die Kontrolle
der Filme der neugegründeten Freiwilligen Selbstkontrolle
in Wiesbaden. Sie arbeitete mit einer allgemeinen Liste
der von den Alliierten verbotenen Filme.
- Aus "Der Neue Tag, Volkszeitung für
Baden und Württemberg" 30.Oktober 1946.
- Die Wochenschau Nr. 43 / 1946 berichtet
von diesem Ereignis.
- Interview mit der Verfasserin im Mai 1999.
- siehe hierzu den Beitrag von Thomas Tode
in diesem Band.
- Deutsche Fassung von LES VISITEURS DU SOIR
(Marcel Carné 1942). Dieser Film war einer der ersten
deutsch untertitelten französischen Filme und wurde
am 18. Oktober1945 anläßlich der großen
Filmgala der Section Cinéma in Baden-Baden gezeigt.
- Stage de reeducation im IG-Farben Erholungsheim
in Kirchheimbolanden. 4.-9.2.1946 (Archiv Colmar AC 124/
25, sousdossier 3)
- "Mitte 1946 standen in der amerikanischen
Zone 1330, inder russischen 1083 und in der britischen 1050
Kalorien zur Verfügung, dagegen waren es in der französischen
offiziell 900, in Wirklichkeit sogar noch beträchtlich
weniger". siehe Edgar Wolfrum: Das Bild der düsteren
Franzosenzeit in Stefan Mertens (Hg.): Vom "Erbfeind"
zum "Erneuerer". Aspekte und Motive der französischen
Deutschlandpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg, Sigmaringen
1993
- Die Neue Filmwoche Februar 1948
- Diese Schule ist dazu gedacht, unserer Propaganda
in Deutschland zu nützen" (Archiv Colmar AC 556
/2b)
- CAGE AUX ROSSIGNOLS, Frankreich 1944 Regie:
Jean Dréville.
- LES ENFANTS DU PARADIS, Frankreich 1945
Regie: Marcel Carné Drehbuch: Jacques Prévert.
Die Gala-Premiere fand am 9. März 1945 im Palais de
Chaillot statt. Es war der erste französische Spielfilm
im befreiten Frankreich.
- Von diesem Film machte nur eine einzige
Kopie die Runde in der französischen Zone. Sie war
1949 so abgespielt, daß sie pro Akt mehr als 100 Klebestellen
hatte.
- Gegen die Aufführung dieses Films legte
die CDU im März 1948 Einspruch ein.
- Laut Georges Sadoul der einzige Film von
künstlerischem Wert, der während des Krieges in
Deutschland gedreht wurde.
- Brigitte J. Hahn: Umerziehung durch Dokumentarfilm?
Ein Instrument amerikanischer Kulturpolitik im Nachkriegsdeutschland
(1945-1953), Münster 1997, S. 177 ff.
- = Regie
- Kamera : Henri Cartier-Bresson, Schnitt:
Henri Cartier-Bresson in Zusammenarbeit mit Lieutenant Richard
Banks, Produktion: Norma Ratner, 25' bzw. 34'
- Uraufführung am 24. Januar 1946
- "Im gesamten Film war es sein (Henri
Cartier-Bresson's) künstlerisches Empfinden, das ein
neues Licht auf jede wesentliche Einzelheit, auf jeden entscheidenden
Augenblick richtete, die ein anderer wohl übersehen
haben mochte, und er war es sicherlich, der zum Beispie
das verlangsamte, spannungsgeladene Tempo, bevor eine Verräterin
plötzlich einen Schlag ins Gesicht bekommt, bestimmt
hat." Jay Leyda: Filme aus Filmen. Eine Studie über
den Kompilationsfilm, Berlin 1967, S. 93
- Jens Hofmann: "How to look" in
Konkret, Hamburg, 11/99.
Im sowjetischen Film DAS GERICHT DER VÖLKER (R: Roman
Karmen, UDSSR 1947) werden die Leichen der beim Nürnberger
Prozess verurteilten und hingerichteten Kriegsverbrecher
gezeigt.
- Diese Bild hat eine völlig andere Materialqualität
und sieht aus wie aus einem Spielfilm entnommen.
- Marguerite Duras: Der Schmerz, München
1998
- siehe Anmerkung 38
- Englisches Drehbuch: Alfred Lewis Levitt,
Schnitt: Peter F. Elgar, Sprecher: Daniel Chuggerman, Produktion:
United States Information Service, 21'
- DIE TODESMÜHLEN / DEATHMILLS Prod.:
Office of Military Governement for Germany/United States
(OMGUS) Regie und Buch: Hanus Burger, Schnitt: Sam Winston,
Billy Wilder. Sprecher: Anton Reimer, Kommentar: Oskar Seidlin,
1945, 22'. Ein Großteil der Aufnahmen desFilms stammt
wiederum aus den Filmen NAZI CONCENTRATION CAMPS, MAIDANEK,
AUSCHWITZ/OSWIECIM.
- Christian Hallig: "Erinnerung an die
Arbeit bei der "Welt im Film"" in: Reimers,
Lerch-Stumpf, Steinmetz: Von der Kinowochenschau zum aktuellen
Fernsehen, München,1983.
- THE WAY FROM GERMANY Produktion: Crown Film
Unit, Produzent: Basil Wright, Schnitt: Terry Trench, Musik:
Elisabeth Luytens, Kommentar: Arthur Calder Marshall, Ton:
Ken Cameron, Sprecher: Derek Guyler, 1946, 11'
- Der Verfasser des Kommentars, Arthur Calder
Marshall ist verantwortlich für die Idee zu Alfred
Hitchcocks Film BON VOYAGE, der Geschichte der Resistance
erzählt.
- Friedrich Meinecke: Die deutsche Katastrophe.
Betrachtungen und Erinnerungen, Wiesbaden 1946. Diese vielgelesene
Schrift hatte allein bis 1949 vier Auflagen.
- siehe "Nur noch Kirmes" Der Spiegel,
Hamburg, Mittwoch 2. Mai 1956
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